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Wer bei der FAZ wirklich das Sagen hat

Wer bei der FAZ wirklich das Sagen hat Ulrich Wilhelm (Foto: Imago Images / Frank Petersen)

Seitdem der ehemalige Regierungssprecher und Intendant des BR, Ulrich Wilhelm, an der Spitze der Fazit-Stiftung steht, ist das Gremium kräftig umgebaut worden. Im Umfeld der FAZ sieht mancher die Zusammenstellung des Personals kritisch.

Frankfurt – Traditionell haben die Herausgeber bei der FAZ eine starke Position. Das eigentliche Machtzentrum ist aber das Kuratorium der Fazit-Stiftung, die 93,7 Prozent der Anteile an der FAZ GmbH hält (der Rest liegt in den Händen der Herausgeber), analysiert „kress pro“-Chefredakteur Markus Wiegand. Derzeit gibt es acht Mitglieder des Kuratoriums, die jeweils 11,1 Prozent der Fazit-Anteile halten (den Rest hält die Stiftung).

 

Der Vorsitzende des Kuratoriums heißt seit Mitte 2022 Ulrich Wilhelm. Seitdem der ehemalige Regierungssprecher und Intendant des Bayerischen Rundfunks an der Spitze steht, wurde das Gremium personell kräftig umgebaut. Neben Wilhelm sind nur noch FAZ-Aufsichtsratschef Andreas Barner (ehemals Chef des Pharmaunternehmens Boehringer Ingelheim) und Wirtschaftsprofessorin Birgitta Wolff übrig geblieben. Fünf Positionen wurden neu besetzt.

 

Ende 2022 sind Ex-Verfassungsrichter Peter M. Huber, Ex-Bundesbankchef Jens Weidmann und Professorin Cornelia Woll (Präsidentin der Hertie School) dazugestoßen. Im Sommer dieses Jahres komplettierten die ehemalige Verfassungsrichterin Monika Hermanns und Renate Köcher, Geschäftsführerin des Instituts für Demoskopie Allensbach, das Gremium.

 

Ulrich Wilhelm schreibt dazu auf kress-Anfrage: „Die personelle Erweiterung des Kuratoriums hat sich zum einen aus Nachbesetzungsgründen ergeben, aber auch, um den Gesellschafterkreis mit größtmöglicher Kompetenz zu besetzen.“

 

Im Umfeld der FAZ sieht mancher im Personaltableau des Kuratoriums Schwächen. Tatsächlich verfügt mit Ausnahme von Andreas Barner niemand über einen unternehmerischen Leistungsausweis. Genau das aber ist in den schwierigen Zeiten der Transformation für die FAZ vermutlich von entscheidender Bedeutung. Der Rest des Gremiums, einschließlich des Vorsitzenden Wilhelm, kommt aus dem staatlich administrativen Feld, gar sechs von acht Kuratoren haben einen Professorentitel. Zwar sind vier Frauen und Männer im Gremium vertreten. Der Erfahrungshintergrund allerdings ist nicht sehr divers. Dazu kommt, dass es im Gremium ein ziemliches Übergewicht von Leuten gibt, die der Union politisch nahestehen. Womöglich ist das bürgerlich-liberale Spektrum des Titels ungenügend berücksichtigt.

 

Obwohl die Kuratoren öffentlich nur wenig in Erscheinung treten, haben sie durch die Stiftungskonstruktion das Sagen bei der FAZ. Und in Teilen des Umfelds wird argwöhnisch zur Kenntnis genommen, dass der Vorsitzende Ulrich Wilhelm das Gremium in kurzer Zeit so stark umgebaut hat wie nur selten zuvor.

 

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