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Sollen wir alle per Du sein? Was Kurt Kister und die KI dazu sagen

Sollen wir alle per Du sein? Was Kurt Kister und die KI dazu sagen Markus Wiegand

Immer mehr Journalistinnen und Journalisten duzen sich. Muss das sein?, fragt sich „kress pro“-Chefredakteur Markus Wiegand.

Berlin – In der letzten Zeit beobachte ich während der Arbeit ein inflationäres Übergehen zum Du, schreibt Chefredakteur Markus Wiegand im aktuellen „kress pro“. Vor allem jüngere Menschen versehen ihre E-Mail-Signaturen oder ihre Linkedin-Profile mit dem Satz „gerne per Du“. Auch Digitalprofis jeden Alters duzen so selbstverständlich, wie sie keine Krawatten tragen. Neulich duzte mich sogar eine sehr hochrangige Führungskraft eines sehr wichtigen Unternehmens. Einfach so.

 

Ich bin drüber weggekommen. Eigentlich bin ich ja beim Duzen hart im Nehmen. Denn ich habe zehn Jahre als Medienjournalist in der Schweiz gearbeitet. Und dort legt man weniger Wert auf Hierarchien und ist sehr schnell beim Du, vor allem unter Journalisten. Das konsequente Siezen wirkt eher abgehoben und ziemlich deutsch. Am Ende meiner Amtszeit als Chefredakteur des „Schweizer Journalist“ war ich mit fast allen wichtigen Chefredakteuren dort per Du, auch mit einer Reihe von Managern und Verlegern.

 

Ich habe in diesen Jahren eine Regel entwickelt, an die ich mich auch heute noch zu halten versuche: Ich biete das Du nie zuerst an und ich lehne es nie ab. Fertig.

 

Auf Konferenzen mit Digitalos oder inmitten des diesjährigen „Medien Camps“ (des Medienfachverlags Oberauer), das hauptsächlich von Menschen unter 30 Jahren besucht wird, habe ich mich aber dabei ertappt, dass ich bei all der Duzerei auch schon munter losduzte.

 

Außerdem muss ich zugeben, dass ich auch ein Mal, ein einziges Mal das Sie eingefordert habe. Bei David Schraven, dem „Correctiv“-Gründer. Wir hatten vor Jahren kritische Fragen zur Finanzierung der Organisation gestellt und waren in eine Auseinandersetzung geraten. Bei einem klärenden Telefonat duzte Schraven konsequent, ehe ich ihm erklärte, dass ich das Sie vorziehe. Das hatte vor allem damit zu tun, dass Schraven in meiner Wahrnehmung einfach nicht verstand, dass es unsere Aufgabe ist, auch ihn und „Correctiv“ aus kritischer Distanz zu beobachten. Und sich nicht etwa anzukumpeln. Darum ist mir das Sie im journalistischen Umgang eigentlich am liebsten: Ich finde, es markiert eine gesunde Distanz.

 

Einen sehr pragmatischen Vorschlag, um der „Du-Sie-Bredouille“ zu entkommen, präsentierte vor einigen Monaten Ex-Chefredakteur Kurt Kister in der „Süddeutschen Zeitung“. Er schilderte, dass er sich mal einen Anstecker emaillieren lassen wollte mit der Aufschrift „Du? Nein, danke“. Endlich eine vernünftige Lösung. Danke, Herr Kister!

 

Drei KI-Empfehlungen
Kommen wir zum Geschäft: Ich möchte Ihnen (!) drei Beiträge aus der aktuellen Ausgabe ans Herz legen, die sich um das Megathema KI drehen.

 

1. Entgegen ihrem konservativen Image hat die FAZ sich schon sehr früh mit KI auseinandergesetzt und zählt in diesem Bereich zu den Branchenführern. Herausgeber Carsten Knop und Chief Product Officer Nico Wilfer haben uns gezeigt, wo der Titel schon überall KI einsetzt und wie die Technologie weiterhilft. (Nebenbei: Ich bin mit beiden per Sie.)

 

2. Sascha Devigne, Chefredakteur des Duisburger Regional-TV-Senders Studio 47, erklärt im Interview, wie man Videos mit Unterstützung von KI sehr schnell produzieren kann und wie er mit seinem Team Avatare entwickelt, die moderieren und sogar eigenständig Interviews führen können. (Wir sind per Du.)

 

3. Jan Ippen und Markus Knall von Ippen Digital sagen, warum sie jetzt auf agentische KI setzen. Damit ist gemeint, dass mehrere KI-Tools eingesetzt werden, um ganze Ketten von Aufgaben zu bearbeiten. (Mit Jan Ippen bin ich per Sie, mit Markus Knall per Du.)

 

ChatGPT übrigens ist es egal, ob man in den Prompts siezt oder duzt. Das sagt die Maschine jedenfalls, wenn man sie fragt. Auf die Ergebnisse hat das Ganze angeblich keinen Einfluss.

 

Die Top-Themen im aktuellen „kress pro“

  • Wie die FAZ von KI profitiert: Herausgeber Carsten Knop und Chief Product Officer Nico Wilfer sagen, wie sie ihre Produkte verbessern und welche Tools der Redaktion am meisten helfen
  • Pionier bei agentischer KI: Warum Ippen Digital massiv in den neuen Trend investiert
  • Markt: Die Preisstrategien von 40 wichtigen Medienmarken
  • Qualität statt Quantität: Wie US-Medien mit weniger Beiträgen Reichweite und Abos gewinnen