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Newsroom – Peter Turi

Philipp Welte kritisiert den mit „9 Milliarden Gebühren gemästeten öffentlich-rechtlichen Medienkomplex“

Philipp Welte kritisiert den mit „9 Milliarden Gebühren gemästeten öffentlich-rechtlichen Medienkomplex“ Philipp Welte (Foto: Sebastian Wolf für Hubert Burda Media)

Der Burda-Vorstand und MVFP-Vorsitzende teilt gewohnt deftig aus: Die Verlage sieht er hingegen als „Bollwerk der verlässlichen Information“ gegen Fake News und Desinformation. Und an Trump kommt er im Interview auch nicht vorbei.

München – „Alles“ habe sich in den vergangenen 30 Jahren für Zeitschriften und ihre Verlage geändert – „und das mehrfach“, sagt Philipp Welte. Der Burda-Vorstand und MVFP-Vorsitzende teilt im großen Abschluss-Interview zur Themenwoche Zeitschriften mit turi2-Herausgeber Peter Turi gewohnt deftig aus: Den „öffentlich-rechtlichen Medienkomplex“ findet er „gemästet“, die Verlage sieht er als „Bollwerk der verlässlichen Information“ gegen Fake News und Desinformation. Und an Trump kommt er im Interview auch nicht vorbei. Ein Auszug aus dem Gespräch über das Schicksal der Zeitschriften mit Deutschlands wichtigstem Verlags-Lobbyisten:

 

Philipp, wir haben uns vor 28 Jahren kennengelernt, als du der jung-dynamische Pressesprecher und Vertrauensmann von Dr. Hubert Burda warst und ich den „Kress Report“ übernommen hatte. Was hat sich seit 1996 verändert – in diesem Vierteljahrhundert in den Medien?
Lustige Frage, Peter! Ich würde sagen: alles. Und das mehrfach. Und immer anders, als wir es zunächst gedacht oder auch erhofft hatten. Hinter uns liegen jetzt sicher 30 Jahre der digitalen Transformation, und die deutschen Verlage und Verlegerfamilien haben Milliarden in die Digitalisierung ihrer Medienkanäle investiert. Aber wir haben es heute mit Wettbewerbern zu tun, die die ökonomische Macht von Staaten haben, mit den größten Unternehmen, die es jemals gegeben hat. Das macht den Kampf um ökonomische Ressourcen gerade im Werbemarkt zu einer sehr existenziellen Angelegenheit.

 

Was hat sich geändert bei den Zeitschriften?
Natürlich haben sich unser Sein und unser Tun mit Zeitschriften fundamental verändert. Wir schauen heute als Verlag nicht mehr nur auf unsere Magazine. Unser Geschäftsmodell ist nicht das Bedrucken von Papier. Der Beginn und der Kern unserer Wertschöpfung ist der journalistische Inhalt. Und der hat unverändert hohe Relevanz – die Menschen lieben unsere Inhalte und unsere Marken –, weshalb auch der hochfrequente Verkauf von Zeitschriften für uns bei Burda ein sehr gesundes, erfreulich resilientes Geschäft ist. Aber ja: Auch hier ist nichts mehr so, wie es war – und es muss morgen wieder anders funktionieren als gestern.

 

 

Was bedeutet es für die Gesellschaft und die Branche, wenn gedruckte Zeitschriften weniger werden?
Was wirklich zählt, ist hervorragender Journalismus, und dessen Heimat ist in Deutschland eben die Welt der Verlage. Zwei Drittel der fest angestellten Redakteurinnen und Redakteure arbeiten für Verlage, nicht etwa für den mit 9 Milliarden Gebühren gemästeten öffentlich-rechtlichen Medienkomplex. Die Menschen vertrauen den Inhalten, die wir „verantwortlich im Sinne des Presserechts“ publizieren, egal auf welchen medialen Kanälen. Unsere wichtigste Aufgabe und unsere vor 75 Jahren im Grundgesetz festgeschriebene Verantwortung ist es, diese Gesellschaft mit verlässlichen Informationen zu versorgen, auf deren Fundament sie sich eine Meinung bilden und die richtigen Entscheidungen treffen können. Und mir scheint es so, dass diese Aufgabe heute so wichtig ist wie selten in der Geschichte unserer Republik.

 

 

Was bedeutet das Wahlergebnis in den USA für Deutschland und die Medien?
Was der Sieg von Donald Trump wirklich für Europa und Deutschland bedeutet, wird sich zeigen. Sicher ist, dass die Verantwortung journalistischer Medien für die verlässliche Information der Menschen und damit für das Funktionieren einer Demokratie deutlich gestiegen ist. Wir haben im US-Wahlkampf erlebt, welchen gefährlichen Einfluss gefälschte Nachrichten und offensichtliche Lügen haben, die sich in Sekundenschnelle über soziale Netzwerke verbreiten. Und das ist bei uns ja nicht anders. Extreme Parteien und radikale Gruppierungen verfügen über hoch professionalisierte Medienkanäle und setzen gezielt auf politische Manipulation und Agitation. Unsere Verantwortung in der Welt der Verlage ist es, ein Bollwerk der verlässlichen Information zu sein.

 

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