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„Die KI lügt“: Chefredakteur Benjamin Piel kritisiert Automatisierungswahn

„Die KI lügt“: Chefredakteur Benjamin Piel kritisiert Automatisierungswahn Benjamin Piel (Foto: Weser-Kurier)

In einem Kommentar im „Mindener Tageblatt“ schreibt Benjamin Piel über KI-gestützte Berichterstattung im Fußball. Für den Journalisten ein gutes Beispiel, „wohin der Automatisierungswahn und der Wunsch, es müsse doch auch ohne teure Mitarbeiter gehen, führen kann“.

Minden – „Das Match zwischen dem FC Ezidxan Minden und dem FC Bad Oeynhausen II endet unentschieden“. So lautet die Überschrift eines in der vergangenen Woche erschienenen Beitrags auf der Online-Plattform Fupa.net. Keine der beiden Mannschaften habe sich am neunten Spieltag der Kreisliga A durchsetzen können. „Dieses Spiel dürfte Minden-Trainer Rudolfo Kanyo nicht begeistern: Im Spiel gegen Oeynhausen muss seine Elf sich im eigenen Stadion geschlagen geben“, steht im ersten Satz des Artikels. Ein Widerspruch.

 

Auf Fupa.net wird über Amateur-Fußball aus verschiedenen Regionen Deutschlands berichtet – mehrheitlich ohne den Einsatz von Menschen. Die Texte entstehen aus Daten des Deutschen Fußball-Bundes mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz.

 

Benjamin Piel, noch Chefredakteur des „Mindener Tageblatt“ und bald Co-Chef des „Weser-Kurier“, hat den Fupa-Bericht zum Anlass genommen, um einem übermotivierten Einsatz von KI die Gelbe Karte zu zeigen – in Form eines kritischen Kommentars:

 

„Denn das Wesentliche ist falsch. Es stimmt, dass der FC Ezidxan gegen den FC Bad Oeynhausen II gespielt hat. Und es war tatsächlich der neunte Spieltag in der Kreisliga A. Auch heißt der Trainer der Mindener Rudolfo Kanyo. Darüber, dass das Spiel nicht in einem Stadion, sondern auf dem gar nicht arenenhaften Sportplatz des Bessel-Gymnasiums stattfand, lässt sich noch hinwegsehen. Die KI kennt eben nicht den Unterschied zwischen Allianz-Arena und Schulsportplatz. Sie weiß nichts, außer dass ihr vorgegeben wurde, dass Fußballspiele nun mal in Stadien stattfinden. Und dieser Sprachautomatismus ?ergießt sich dann eben als Soße über jede noch so profane Rasenfläche“, schreibt Piel

 

Für den Journalisten viel gravierender: Das Spiel sei weder unentschieden ausgegangen noch habe Oeynhausen gewonnen. Es sei nach einer Prügelei beim Stand von 1:3 abgebrochen worden. Davon wisse die KI nichts, denn es gebe dazu nichts in den Daten. Die KI sei verwirrt. Oeynhausen habe geführt, doch wegen des Abbruchs sei die Wertung offen geblieben. Unentschieden oder Niederlage? Die KI wisse nicht mehr weiter und baue zur Sicherheit einfach beides ein, obwohl beides nicht stimme. „Nebenbei: Im Mindener Tageblatt und auf MT.de stand es richtig – mit Prügelei, Spielabbruch und allem, was dazu gehört“, betont Piel.

 

Sein Fazit: „So lange es um Amateurfußball geht, mag das noch halbwegs belanglos sein. Doch es zeigt, wohin der Automatisierungswahn und der Wunsch, es müsse doch auch ohne teure Mitarbeiter gehen, führen kann. Und ginge es um große Politik, wäre eine Unwahrheit in der Welt, die gravierende Folgen haben könnte. Es braucht den Menschen sehr wohl. Gerade jetzt. Nur mit Verstand lässt sich überprüfen, was die KI scheinintelligent zusammenklatscht. Die tollste Technik braucht dolle Überwachung.“

 

Piels leidenschaftlicher Kommentar endet mit einer Grätsche: „Wer mag noch an KI-gesteuerte Waffensysteme glauben, wenn es schon mit der Kreisliga A nicht klappt?“