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Darf Paul Ronzheimer bei Axel Springer eigentlich machen, was er will?

Darf Paul Ronzheimer bei Axel Springer eigentlich machen, was er will? Paul Ronzheimer (Foto: Wolf Lux)

Der „Bild“-Vize hat neuerdings eine Reportage-Reihe bei der Konkurrenz. Wer die Streaming-Folgen bei Joyn aufruft oder ein Interview bei Sat.1 zur Reihe liest, erfährt nicht einmal, dass Ronzheimer für Springer und „Bild“ arbeitet. Was der Konzern dazu sagt – und warum nicht jedem bei Springer die Ronzheimer-Extrawurst schmeckt.

Berlin – Seit Juni 2023 ist der Journalist Paul Ronzheimer als „globales, markenübergreifendes journalistisches Gesicht von Axel Springer im Einsatz“, wie der Konzern festhält. Neben seinem Job als stellvertretender Chefredakteur von „Bild“ berichtet Ronzheimer für weitere Springer-Medienmarken wie „Welt“ und „Politico“. Mit seinem Podcast erzielte er im August 2024 nach Angaben von Springer satte 1,9 Millionen Abrufe.

 

Im September erreichten die Ronzheimer-Festspiele dann einen vorläufigen Höhepunkt, schreibt Chefredakteur Markus Wiegand in seiner Kolumne in „kress pro“. In der neuen Reportage-Reihe „Ronzheimer – Wie geht’s, Deutschland?“ ging der Reporter in zwei Folgen dem Thema „Rechtsruck“ und „Migration“ nach. Erstaunlich: Im Gegensatz zum Podcast, den Springer produziert und der voll auf die eigenen Marken einzahlt, hat Axel Springer mit dem Sat.1-Projekt nichts zu tun. Ronzheimer tritt in der Reportage-Reihe auch nicht als Gesicht von Axel Springer oder gar „Bild“ auf. Wer die Streaming-Folgen bei Joyn aufruft oder ein Interview bei Sat.1 zur Reihe liest, erfährt nicht einmal, dass Ronzheimer für Springer und „Bild“ arbeitet.

 

Da kann man natürlich die Frage stellen, was Springer vom Ronzheimer-Format auf Sat.1 hat. Der Konzern schreibt auf Anfrage: „Dass wir mit dem Journalismus von Paul Ronzheimer jetzt über einen weiteren Sender zur Primetime breite Zielgruppen mit unseren journalistischen Themen erreichen, ist eine Auszeichnung für Paul Ronzheimer und für Axel Springer. Gleichzeitig profitieren wir von der großen Reichweite unserer begleitenden Berichterstattung zu dem neuen Format.“

 

Aha. Diese Einschätzung hat das Unternehmen exklusiv. Intern sieht mancher das etwas anders. Die Kritik: Da wird für Ronzheimer eine dicke Extrawurst gebraten. Normal wäre, dass ein Konzern es erst gar nicht zulässt, dass ein prominenter Journalist für die Konkurrenz arbeitet. Mindestauflage sollte aber sein, dass er zumindest seinen Arbeitgeber promotet, wie es etwa die Stammgäste der Gilde in den Talkshows machen.

 

Mal sehen, wie lange „Ronzheimer“ bei Sat.1 noch läuft. Eigentlich war das Projekt als Reihe angekündigt. Die Quoten aber waren nur sehr mäßig. In der werberelevanten Zielgruppe (14–49 Jahre) reichte es bei den beiden Start-Folgen nur zu einem Marktanteil von rund 6 Prozent. Beim Gesamtpublikum waren es zu Beginn gar nur 2,7 Prozent.

 

Was auffällt: Führende Springer-Leute, die nach den Skandalen der vergangenen Jahre echt abgezockt sind, reagieren immer ein bisschen nervös, wenn man kritische Fragen zu Ronzheimer stellt, dem Star des Hauses Springer. Denn seine Rolle als engster Buddy von Julian Reichelt während dessen Herrschaft als „Bild“- Chef wurde öffentlich nie aufgearbeitet. Und es wäre für Springer und Ronzheimer wirklich unangenehm, wenn die Vergangenheit beide einholen würde.

 

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