Recht
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Auskunftsersuchen über Begleitumstände des Todes von Kirsten Heisig legitim

Der Generalstaatsanwalt sei im Wege einer Eilentscheidung verpflichtet worden, einem Journalisten Auskunft zu erteilen über die Todesursache und den Todeszeitpunkt der Jugendrichterin, den Fundort und die Auffindesituation der Leiche.

Berlin (dapd-bln) - Die Generalstaatsanwaltschaft muss Auskunft über die objektiven Begleitumstände des Todes der Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig geben. Das hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg entschieden, wie ein Gerichtssprecher am Montag mitteilte. Der Generalstaatsanwalt sei im Wege einer Eilentscheidung verpflichtet worden, einem Journalisten Auskunft zu erteilen über die Todesursache und den Todeszeitpunkt von Heisig, den Fundort und die Auffindesituation der Leiche.

Mitgeteilt werden müsse auch, welche Fakten ein Fremdverschulden des Todes ausschließen und welche "objektiven Anhaltspunkte für ein planvolles Vorgehen der Richterin in Bezug auf ihren eigenen Tod" sprechen. Nicht erfasst sind den Angaben zufolge dagegen mögliche Erkenntnisse über Hintergründe und Motive einer Selbsttötung.

Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass Heisig aufgrund ihres beruflichen, rechtspolitischen und publizistischen Engagements bundesweit bekannt gewesen sei. Es bestehe ein legitimes öffentliches Interesse an Informationen über ihren - jedenfalls für die Öffentlichkeit unerwarteten - Tod, zumal die Frage eines Zusammenhangs zwischen ihrem Tod und ihrer Tätigkeit im Raum stehe.

Die erbetenen Auskünfte könnten deshalb nicht mit dem Hinweis auf schutzwürdige Interessen der Verstorbenen oder ihrer Hinterbliebenen verweigert werden. Zwar wirke der Schutz der Persönlichkeit auch über den Tod hinaus und verbiete insbesondere eine unwahre oder herabsetzende Berichterstattung, wobei im Falle einer Selbsttötung eine besondere Zurückhaltung der Presse erforderlich sei, betonte das Gericht.

Dem Antragsteller gehe es jedoch nicht darum, die näheren Umstände und Hintergründe eines Selbstmordes darzustellen, sondern um Auskünfte über die objektiven Umstände des Todes, um die Bewertung als Selbsttötung überhaupt nachvollziehen zu können. Auch das Recht der Hinterbliebenen, in ihrer Trauer um die Verstorbene respektiert zu werden, steht den Angaben zufolge einer Berichterstattung über die objektiven Todesumstände nicht entgegen, solange das Andenken an die Verstorbene nicht belastet und die familiären Umstände nicht thematisiert würden.

Heisig hatte Anfang Juli Suizid begangen. Die Leiche der 48-Jährigen war in einem Waldstück im Berliner Ortsteil Heiligensee gefunden worden. Ihr nach ihrem Tod erschienenes Buch "Das Ende der Geduld: Konsequent gegen jugendliche Gewalttäter" führte lange die Bestsellerlisten an. Die Motive für ihren Selbstmord sind bis heute unklar.

Heisig war vor allem durch ihr konsequentes Vorgehen gegenüber jugendlichen Straftätern in Neukölln bekannt geworden. Die Juristin ist Mitinitiatorin des im Januar 2008 gestarteten sogenannten Neuköllner Modells zur schnellen Bestrafung von jungen Kleinkriminellen.