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Was der Urlaub über Sehnsüchte im Job verrät

Was der Urlaub über Sehnsüchte im Job verrät Attila Albert (Foto: T. Ramsey)

Die Ferien erfüllen wichtige Bedürfnisse, allerdings auch zu einem hohen Preis und nur für wenige Tage. Karrierecoach Attila Albert sagt, wie Sie viele davon bereits in Ihren Arbeitsalltag, also den größeren Teil des Jahres, integrieren können.

Zwei Wochen am Strand faulenzen, in den Bergen wandern oder eine Großstadt entdecken: Jeder hat so seine Pläne – oder Träume – für die Sommerferien, für ein bisschen Abstand von der Arbeit. 31 Urlaubstage nehmen deutsche Arbeitnehmer im Schnitt jährlich, zwölf davon für den Haupturlaub. Die große Reise lassen sie sich inzwischen durchschnittlich 1538 Euro pro Person kosten, was einen neuen Rekord darstellt. Eine vierköpfige Familie gibt damit im Schnitt 6152 Euro aus – viel Geld für ein relativ kurzes Erlebnis. Doch das zeigt, dass es wichtige Bedürfnisse erfüllt, über die man einmal genauer nachdenken sollte.

Denn vieles, was der Urlaub leisten soll, lässt sich schon im weitaus größeren Teil des Jahres erleben: Mehr Selbstbestimmung, Zeit für sich und die Familie, Erholung und Abwechslung. Man muss keine Unsummen dafür ausgeben, sondern kann vieles davon bereits in sein Berufsleben integrieren, also noch dafür bezahlt werden. So ist man auch nicht wenige Tage nach Rückkehr in die Redaktion bzw. ins Büro wieder da, wovon man dringend Abstand brauchte. Hier einige wichtige Bedürfnisse, die der Urlaub für viele erfüllt, und was Sie tun können, wenn es in Ihrem Leben bisher daran mangelt.

 

Wer im aktuellen Journalismus arbeitet, muss ständig mit durchgeplanten Tagen leben, hat fortlaufend neue Konferenzen, Produktions- und Abgabetermine vor sich. Aber auch auf der Management-Seite ist der Arbeitsalltag stark fremdbestimmt. Im Urlaub kann man sich die Zeit endlich einmal selbst einteilen. Wenn das in Ihrem aktuellen Job fehlt: Achten Sie darauf, dass Ihr Kalender tagsüber zu etwa einem Drittel frei bleibt und es zeitliche Puffer zwischen Ihren Terminen gibt. Lehnen Sie Meetings, die man Ihnen ungefragt in den Kalender stellt, möglichst ab. Oft genügt ein Telefonat, um die Angelegenheit zu klären.

 

Schon jetzt sind viele Medienprofis nicht mehr bereit, Überstunden zu machen. Trotzdem lässt sich der heutige Anspruch, sich neben der Arbeit intensiv dem Partner, den Kindern, Freunden und Hobbys (z. B. Sport) widmen zu wollen, nur schwer mit einer Vollzeitstelle verbinden. Im Urlaub ist das für einmal möglich. Wenn das in Ihrem aktuellen Job fehlt: Erwägen Sie den Wechsel auf Teilzeit, wenn das für Sie finanziell möglich ist. Per Gesetz haben Sie nach sechs Monaten Anstellung einen Anspruch darauf. Daneben gilt es, von der knappen Freizeit möglichst wenig zu vergeuden (z. B. durch ziellose Internet-Nutzung).

 

Medienberufe sind an sich anstrengend, da ständig von Zeit- und Erfolgsdruck geprägt und oft auch emotional belastend (z. B. als Polizeireporter oder Nachrichtenredakteur). Wer im Schichtdienst arbeitet und Pendler ist, fühlt sich ebenso häufig erschöpft. Im Urlaub kann man ausschlafen, sich auch tagsüber ausruhen. Wenn das in Ihrem aktuellen Job fehlt: Versuchen Sie, mindestens wöchentlich, besser monatlich in feste Schichten eingeteilt zu werden. Das ist weniger anstrengend als Wechselschichten. Planen Sie wenig für Ihre Freizeit – und moderate Aktivitäten (z. B. Spaziergang statt Sportstudio, Musik hören).

 

Manche Medienprofis stehen zwar ständig unter Druck, erleben das aber als Monotonie, weil ihre Aufgaben immer dieselben sind (z. B. morgens Nachrichten sichten, Themen anbieten und umsetzen, am nächsten Tag wieder von vorn). Im Urlaub empfinden sie endlich wieder einmal Abwechslung, Anregung und Abenteuer. Wenn das in Ihrem aktuellen Job fehlt: Generell sollten Sie ca. alle drei Jahre Ihre Aufgaben wechseln, um sich nicht zu langweilen und zu stagnieren. Suchen Sie zudem in Ihrer Freizeit neue Einflüsse, z. B. regelmäßig in eine Ausstellung, zu einem Konzert, eine neue Sportart oder ein Hobby ausprobieren.

 

Selbst die spannendste Aufgabe wird irgendwann zur Routine, selbst mit der besten Position fragt man sich einmal: Soll das nun alles gewesen sein? In der Medienbranche kommt die Ungewissheit dazu, wie sich die Branche weiterentwickeln und was der zukünftige eigene Platz sein wird. Beim Urlaub ist schon das Buchen spannend, man freut sich auf das, was kommt. Wenn das in Ihrem aktuellen Job fehlt: Suchen Sie den Ausweg nicht in mehr Hedonismus (z. B. immer häufigere, aufwändigere Reisen). Denken Sie bewusst über Ihre Zukunft nach, beruflich wie privat, leiten Sie Pläne und konkrete Schritte daraus ab.

 

Problematisch werden Urlaube vor allem, wenn Sie sich durch den hohen Zeit- und Kostenaufwand immer wieder an eine ungeliebte Stelle binden, also selbst sabotieren. Wenn Sie Entscheidungen ausweichen und sich mit Alltagsfluchten trösten, anstatt Ihren Alltag zu verändern. Dann ist der Preis für einige schöne, erholsame Tage zu hoch, weil er sie einen Teil Ihrer Zukunft kostet. Oft genügt es schon, nur wieder ein wenig bescheidener zu planen und dafür mehr in sich selbst zu investieren (z. B. Weiterbildung) – und das fällt leicht, wenn man ein größeres, aufregendes Ziel hat.

 

Zur vergangenen Kolumne: Enttäuscht vom Arbeitgeber

 

Zum Autor:

Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der Freien Presse, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA. www.media-dynamics.org