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Jörgen Camrath: "Verlage sollten ähnlichen Weg wie Youtube gehen"

„Natürlich wünsche ich mir aus Journalistensicht schnelles Internet in ganz Deutschland“, sagt Jörgen Camrath, bis vor kurzem Redakteur beim „Wall Street Journal Deutschland“.

Berlin - „Wer mal remote mit dem Laptop in der hessischen Pampa über VPN und Co. versucht hat, einen Artikel in ein Redaktionssystem einzupflegen, der weiß, dass wir noch einen langen Weg vor uns haben. Ganz egal, ob beim Ausbau des Breitbandinternets oder beim Mobilfunknetz“, so Jörgen Camrath.

In der vergangenen Woche hatte Julian Reichelt, Chefredakteur von Bild.de, schnelles Internet für alle gefordert.

 


Jörgen Camrath unterstützt die Forderung von Bild.de-Chefredakteur Julian Reichelt nach schnellem Internet für alle.

 

Unterstützt wird er dabei nicht nur von der Journalismus-Professorin Verena Renneberg von der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft (HMKW) in Berlin, sondern auch von zahlreichen weiteren Journalisten wie Tobias Lobe von der Nachrichtenagentur spot on news, Stefan Plöchinger von der „Süddeutschen Zeitung“, Stefan Bergmann von der „Emder Zeitung“, Magnus Schlecht von der „Pforzheimer Zeitung“, Rieke Havertz von der „taz“, Tobias Schwarz von den „Netzpiloten“ oder Stephan Kabosch von der „Abendzeitung“ (siehe dazu: „Zugang zu schnellem Internet muss Menschenrecht sein“).

„Mit seiner Forderung ist Julian Reichelt nicht alleine“, sagt Jörgen Camrath.  „Wer als Nachrichtenkonsument immer ein paar Minuten warten muss, bis sich eine Seite im Browser aufgebaut hat, der überlegt sich irgendwann zweimal, ob er überhaupt noch seinen Rechner hochfährt oder das iPad anschaltet. Das ist vergleichbar mit den 30-Sekunden-Werbeeinspielungen vor vielen Videos. Beim ersten Mal macht man noch mit, spätestens beim dritten Video bin ich persönlich dann aber weg“, so Camrath, der sein Handwerk als Volontär bei der „Hessisch-Niedersächsischen Allgemeinen“ in Kassel gelernt hat.

Für Camrath steht fest: „Videos, Grafiken, Musik, große Bilder, Podcasts, Vodcasts: Wenn man sich keine Gedanken um die Bandbreite machen muss, dann lassen sich natürlich viel leichter vor allem multimediale Formate entwickeln. Ich selbst nehme bei meinen Blogbeiträgen allerdings kaum noch Rücksicht auf Leser, die vielleicht nicht so schnell surfen können. Ich weiß nicht, ob das bei großen Verlagen anders ist“, so Camrath.

Einen Wunsch richtet Jörgen Camrath an die Medien: „Verlage sollten einen ähnlichen Weg wie Youtube gehen. Die Videoplattform misst, mit welcher Datenrate ein Nutzer ein Video abruft. Also ob er im WLAN-Netz hängt, oder per LTE, UMTS oder EDGE auf die Seite zugreift. Entsprechend wird ihm das Video dann in unterschiedlicher Qualität angeboten, es lädt dafür jedoch auch schneller. Wenn ich nun in der Bahn von Frankfurt nach Berlin sitze und weder auf einen Hotspot noch auf schnelles Mobilfunknetz zurückgreifen kann, dann wäre es doch toll, wenn mir eine aufwendige Multimediareportage ausschließlich als Text präsentiert würde. Komme ich dann an einem WLAN-Netz vorbei, werden Videos, Grafiken und Bilder nachgeladen. So könnte ich trotzdem den Text lesen und müsste nicht mittendrin entnervt aufgeben, weil es Stunden dauert, bis alles geladen wurde.“

Bülend Ürük

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