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Dieter Wedel feiert 70. Geburtstag

Er hat TV-Mehrteiler wie "Die Affäre Semmeling", "Der große Bellheim" und "Der Schattenmann" auf den Bildschirm gebracht: Regisseur Dieter Wedel schrieb Fernsehgeschichte. Das letzte Kapitel seiner Arbeit hat er auch mit 70 noch längst nicht aufgeschlagen.

Hamburg (dpa) - "Kein Mensch glaubt, dass sich jemand älter macht." Regisseur Dieter Wedel weiß, dass die Zweifel an seinem wahren Alter jetzt wieder auftauchen werden - am Montag (12. November) wird er 70 Jahre alt. Dabei habe er als junger Mann beim Alter geschummelt, als ihm der frühere NDR-Fernsehspielchef Dieter Meichsner die Möglichkeit bot, eine große Geschichte ("Gedenktag") selber zu drehen. "Beim Tennis fragte er mich, wie alt ich eigentlich sei - und ich habe blitzschnell geschaltet und mich drei Jahre älter gemacht", erzählt Wedel. "Jahrzehnte später hat er mir gesagt: "Herr Wedel, hätten Sie mir gesagt, 26, ich hätte mich nicht getraut." Ich hatte also den richtigen Riecher."

Den richtigen Riecher bewies der Regisseur später immer wieder. Mit seinen TV-Filmen und Mehrteilern wurde er zu einem der renommiertesten Regisseure in Deutschland. Mit aufwendigen Produktionen, in denen hochkarätige Schauspieler selbst kleine Nebenrollen annahmen, landete er Quotenerfolge: "Der große Bellheim" (1993), "Der Schattenmann" (1996/beide ZDF)), "Der König von St. Pauli" (1998/Sat.1). Der "neue Wedel" nannte man seine Filme nur noch - sein Name war das Aushängeschild. Das sei jetzt anders: "Man kriegt ja heute kaum noch mit, wer Regie führt, sondern hört mehr über die Produzenten und Redakteure - das hat sich in der Tat geändert", sagte Wedel der Nachrichtenagentur dpa.

Seit weit mehr als 40 Jahren arbeitet der in Hamburg und auf Mallorca lebende Regisseur für das Fernsehen. Mit der 1970 ausgestrahlten NDR-Produktion "Gedenktag" über den Aufstand vom 17. Juni 1953 in Ost-Berlin inszenierte er seinen ersten großen Film. Einem breiteren Publikum wurde der in Bad Nauheim aufgewachsene Frankfurter mit den "Semmeling"-Geschichten bekannt. Es folgten zahlreiche Werke wie die Reihe "Wilder Westen inclusive" (1988), aber auch dem Theater blieb er treu, etwa als Intendant der Nibelungen-Festspiele von Worms (seit 2003). Der Grimme-Preisträger hatte einst Theaterwissenschaften, Publizistik, Geschichte und Philosophie studiert und 1965 zum Dr. phil. promoviert.

Für Ungeduld und Wutausbrüche bei Dreharbeiten ist er bekannt. Man nennt ihn den "Doktor", den "Gesellschaftsdiagnostiker" - er selbst sieht sich vor allem als "Geschichtenerzähler". "Ich halte es nach wie vor mit Theodor Fontane: Finden ist besser als erfinden. Ich beobachte halt gern Menschen dabei, wie sie sich verhalten - da ist die Natur immer noch viel einfallsreicher als jeder Autor", sagt er. "Ich glaube, es ist diese Mischung aus Märchen und sehr genauer Recherche - vielleicht ergibt das so etwas wie Wahrheit, die den Menschen im Gedächtnis bleibt. Deshalb sind meine Filme für sie wohl wie Erinnerungen an jemanden, dem sie mal begegnet sind."

Nach "Die Affäre Semmeling" (2002), die ihm wegen Plagiatsvorwürfen einen Prozess einbrachte, und nach "Papa und Mama" (2006), "Mein alter Freund Fritz" (2007) sowie "Gier" (2010) wäre ein "neuer Wedel" wieder fällig. Seine seit langem geplante Mallorca-Komödie soll es werden. Daran arbeite er bereits, doch mit dem Dreh beginne er wohl erst nach seiner bis 2014 verlängerten Intendanz in Worms. Der rastlose Regisseur relaxt? "Etwas hat sich schon geändert: Dass ich nicht mehr morgens, mittags, abends arbeite", sagt er. "Da gebe ich mir inzwischen schon ein bisschen mehr Luft. Und wenn es dann nicht in diesem Jahr ist, dann wird es halt im nächsten Jahr fertig."

Dafür kommt am 2. Dezember (15.00 Uhr/ZDF) sein "Papa und Mama" wieder auf den Bildschirm. Auf Wunsch des ZDF machte er aus dem Zweiteiler einen 110-minütigen Film. "Durch den neuen Erzählrhythmus ist das ein ganz anderer spannender Film geworden", erzählt er über die Produktion, mit der er auch anderen Vorwürfen entgegentrat: "Ich habe ja immer wieder gehört, ich würde nur mit berühmten Schauspielern arbeiten und da sei es ja kein Wunder, wenn die Filme auch eine besondere Wirkung hätten. Bei "Papa und Mama" war es so, dass ich bewusst keine bekannten Namen haben wollte. Fritz Karl, Silke Bodenbender und Anna Hausburg sind danach zu Stars geworden."

Als Regisseur wurde er kontrovers diskutiert, aber auch wegen seines Privatlebens: Aus der langjährigen Dreiecksbeziehung mit zwei Frauen machte der sechsfache Vater kein Geheimnis, und nach seiner Autobiografie ließ Hannelore Elsner, mit der er einen Sohn hat, darin Passagen über sich schwärzen. Seinen 70. will der Mann, dessen Markenzeichen Wuschelfrisur und Sonnenbrille sind, mit Familie und Freunden auf Mallorca feiern. Sein Wunsch? "Was sich alle Menschen erst mal wünschen: Gesundheit und Wohlergehen - sowohl für mich als auch für die Familie, da sind natürlich auch die beiden Hunde mit eingeschlossen. Und dass einem Zeit bleibt, noch zu verwirklichen, was man noch vorhat - dass man nie erlebt, dass eine Zeit kommt, in der man nichts mehr vorhat."

Dorit Koch