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Wie Medienprofis sich neue Perspektiven schaffen

Wie Medienprofis sich neue Perspektiven schaffen Attila Albert

„Langsam reicht es mir”, „Das kann doch nicht alles gewesen sein”, „So kann es nicht weitergehen‟: Das sind Gedanken und Bemerkungen, die darauf hinweisen, dass Sie unbewusst nach einer neuen Perspektive suchen. Karrierecoach Attila Albert sagt, wie Sie das endlich gezielt angehen.

Berlin – Grundsätzlich muss sich niemand ständig verändern und weiterentwickeln, das wäre auch viel zu anstrengend. Im Gegenteil: Phasen der beruflichen Stagnation („Karriere-Plateaus") sind notwendig, um sich nach Veränderungen wieder zu stabilisieren und zu erholen. Auf Dauer braucht es aber eine gewisse Perspektive – wenn schon kein konkretes neues Ziel (z. B. Beförderung), dann zumindest eine Richtung. Nur dann bekommen die vielen kleinen Entscheidungen des Alltags einen übergreifenden Sinn. Auch manche Frustration lässt sich damit leichter bewältigen, weil man hoffen kann, dass es einmal anders wird.

 

Für Berufsanfänger ist „Perspektive‟ noch meist gleichbedeutend mit einem hierarchischen und finanziellen Aufstieg. Spätestens im mittleren Lebensalter differenziert sich das, werden individuell unterschiedliche Wünsche sichtbarer. Mancher verzichtet doch lieber auf die klassische Karriere, weil ihm mehr Zeit für die Familie und eigene Projekte (z. B. nebenberufliche Selbständigkeit) wichtiger werden. Andere wollen mehr Sinnhaftigkeit (z. B. Arbeit für ein gemeinnütziges Unternehmen), und selbstverständlich gibt es weiterhin auch Medienprofis, die die nächste Karrierestufe erreichen und mehr verdienen wollen.

 

Ein Leben ohne den aktuellen Arbeitgeber vorstellen
Wer in seinem beruflichen oder privaten Alltag gefangen sieht – morgens zur Schicht in den Newsroom, nachmittags einkaufen und die Kinder abholen, abends den Haushalt erledigen, höchstens noch ein Netflix-Serie schauen –, kann oft gar nicht mehr glauben, dass auch noch ein anderes Leben möglich sein soll. Gerade langjährige Angestellte sind oft so mit ihrem Arbeitgeber verbunden, dass sie sich selbst bei hoher Frustration kein Leben mehr ohne ihn denken können. Hier gilt es einerseits, Trägheit und Ängstlichkeit zu überwinden, andererseits, endlich die notwendigen praktischen Schritte anzugehen.

 

Häufig ist dabei hilfreich, einmal das gewohnte Umfeld zu verlassen, um sich gedanklich selbst neu sehen zu können: Wie könnte das eigene Leben noch aussehen, wo und wie könnte man seine Zeit auch verbringen? Klassische Urlaube eignen sich dafür nur, wenn sie einem etwas wirklich Neues zeigen, also über Strand- oder Poolferien zum Erholen hinausgehen. Besser geeignet sind interne Rotationen (zeitweiser Wechsel an einen anderen Standort des Arbeitgebers im In- oder Ausland), Sprachreisen ohne Partner und Kinder, Sabbaticals und Elternzeiten, wenn Sie dabei auch Zeit für sich haben.

 

Nicht nur im Urlaub aus dem Alltag ausbrechen
Die neue Offenheit muss aber auch im Alltag ihren Platz finden, darf also nicht auf wenige Wochen im Jahr – oder einmalig einige Monate – begrenzt bleiben. Die besten Wege dafür: Mehr interessante Menschen treffen, also zu thematischen Stammtischen (z. B. für Branchenkollegen oder Gründer), Messen, Konferenzen und Diskussionen gehen – und länger laufende Weiterbildungen besuchen, idealerweise mit Teilnehmern, die Sie nicht schon vorher kannten. Beides regt Sie an, Ihr bisheriges Auftreten und Ihre Umstände zu überdenken und sich Vorbilder zu suchen, wie sie manches anders gestalten könnten. Selbstverständlich helfen auch Berufs- und Karriereberatung bzw. Coaching weiter.

 

Anfänglich denkt man bei „Perspektive‟ meist an eine äußere Veränderung, etwa an einen neuen Wohn- oder Arbeitsort oder eine interessantere, besser bezahlte Stelle. Doch dieser Prozess schließt, unbewusst oder geplant, immer auch eine innerliche Veränderung mit ein: Dass man mutiger oder entschlossener wird, sich weniger von anderen beeinflussen und ablenken lässt, weniger nur redet und mehr handelt. Im Idealfall beginnt alles mit dieser Überlegung – Wie müsste ich mich verändern, damit sich meine Umstände ändern? –, häufiger aber stellt sie sich nach den ersten ermutigenden praktischen Schritten ein.

 

Sich sein „zukünftiges Ich‟ konkret vorstellen
„Langsam reicht es mir”, „Das kann doch nicht alles gewesen sein” und „So kann es nicht weitergehen‟ sind Gedanken und Bemerkungen, die darauf hinweisen, dass Sie unbewusst bereits nach einer neuen Perspektive suchen. Hilfreich ist, sich in der Woche einen festen Termin (z. B. eine Stunde immer freitags) zu reservieren, um regelmäßig daran zu arbeiten, wie es für Sie weitergehen soll: Mal einen Jahresplan mit Ihren Zielen und Wünschen aufstellen, mal die Bewerbungsunterlagen, die eigene Webseite oder das LinkedIn-Profil aktualisieren, mal sich den aktuellen Arbeitsmarkt genauer ansehen.

 

Eine sinnvolle Übung ist es ebenso, sich sein „zukünftiges Ich‟ etwas konkreter auszumalen: Wer will ich in ein, zwei Jahren sein, wie will ich arbeiten und leben? Als kleinen Text aufgeschrieben oder mit einer Fotocollage („Vision Board‟) visualisiert. Schon damit tun Sie mehr, als nur immer darüber nachzudenken, aber nicht zu handeln. Manchmal ist die Erkenntnis dabei, dass es einem vor allem darum geht, wieder mehr Spaß zu haben, wieder eine gewisse Freiheit und Spontanität zu spüren. Auch das sind Ziele, die einen konkreten Wert haben, nämlich beispielsweise die Lebensqualität und Zufriedenheit erhöhen.

 

Wer an der generellen Perspektive der Medienbranche zweifelt, hat meist einen zu engen Blick darauf. Unbestreitbar sind bestimmte Mediengattungen und Unternehmen im Niedergang begriffen und müssen Mitarbeiter entlassen, aber weder die Leser bzw. Nutzer noch die Werbebudgets sind verschwunden, sondern haben sich verlagert. Entsprechend aufgestellte Mediengattungen und Unternehmen wachsen, bauen ihr Angebot aus und stellen neu ein. Wer zukunftsfähig bleiben will, verfolgt diese fortlaufenden Veränderungen und aktuellen Trends offen und interessiert mit und entwickelt sich auch selbst weiter.

 

Zur vergangenen Kolumne: Wie der Neustart gelingt

 

Zum Autor: Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der Freien Presse, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA.

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