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Selbstbestimmt arbeiten: So finden Sie Aufgaben, die zu Ihnen passen

Selbstbestimmt arbeiten: So finden Sie Aufgaben, die zu Ihnen passen Attila Albert

Berufliche Zufriedenheit hängt stark davon ab, ob Sie gern tun, was der Arbeitsalltag von Ihnen erfordert. Kein Job beinhaltet nur Wunschaufgaben, aber langfristig sollte Ihre Tätigkeit Sie interessieren, anregen und erfüllen. Karrierecoach Attila Albert sagt, wie Sie das erreichen können.

Berlin – Wenn Medienprofis nach längerer Abwesenheit – so wie jetzt wieder nach den Feiertagen, aber auch nach dem Jahresurlaub – an ihren Arbeitsplatz zurückkehren, dann mit ganz unterschiedlichen Empfindungen. Manche freuen sich darauf; andere müssen sich erst wieder eingewöhnen, wieder andere würden am liebsten gar nicht wiederkommen. Viel hat das damit zu tun, ob sie ihren Job gern erledigen oder sich ständig zu Aufgaben gezwungen fühlen, die sie nicht wollen. Aus verschiedenen Gründen ist das häufiger geworden, kann zu Dauerfrust oder einer anhaltenden Erschöpfung („Burnout‟) führen.

 

Generell sind die Stellenprofile heute unklarer, und es wird mehr improvisiert. Überall wurden ganze Hierarchieebenen und zusätzlich viele bestimmte Stellen (auch Sekretariate, Layouter, Lektoren, Hilfskräfte) gestrichen, während ständig neue Aufgaben dazu kamen. So erledigen Führungskräfte ihre Korrespondenzen, Terminplanungen, Reisebuchungen und Spesenabrechnungen nun oft selbst. Leitende Redakteure schreiben Meldungen, stellen Newsletter zusammen und lesen Korrektur. Textredakteure erledigen zusätzlich auch Layout-Arbeiten, die Fotorecherche und pflegen redaktionelle Social-Media-Kanäle.

 

Teilweise ist die Arbeit damit abwechslungsreicher, immer aber anspruchsvoller geworden. Das zusätzliche Volumen muss erst einmal bewältigt werden, und zudem stellt sich eben die Frage, ob man das überhaupt will. Ein typisches Beispiel: Wer als Redakteur eingestellt wurde, aber zu so vielen Newsroom-Diensten eingeteilt wird, dass er kaum noch zu eigenen Beiträgen kommt oder überhaupt die Redaktion verlassen kann, ist verständlicherweise frustriert. Hätte er dieses eher organisatorische Aufgabenfeld gewollt, hätte er sich als CvD beworben. Wie aber damit umgehen? Dazu einige Gedanken.

 

Aussuchen, womit Sie sich beschäftigen wollen
Grundsätzlich basiert jede Berufstätigkeit darauf, die Probleme anderer – Eigentümer, Management, Kunden – zu lösen und dafür vergütet zu werden. Das ist normal und bei jedem Arbeitgeber der Fall, auch wenn man sich das meist nicht in dieser Klarheit vor Augen führt. Jedes Unternehmen hat Probleme, die es hoffentlich schnell und effektiv löst, um sich direkt danach den nächsten zu widmen (z. B. nächste Ausgabe produzieren, Kosten senken, neue Produkte einführen). Die persönliche Wahl liegt darin, sich auszusuchen, mit welchen Problemen man sich auseinandersetzen möchte und in welchem Ausmaß.

 

Die Stellenanzeigen erwecken natürlich immer den Eindruck, als gäbe es im Unternehmen ausschließlich interessante, im positiven Sinne herausfordernde Aufgaben. Aber nicht jeder empfindet das bei den unterschiedlichen Stellen gleich. Zudem gibt es Aufgaben, die bei fast allen unbeliebt sind, aber trotzdem erledigt werden müssen (z. B. reines News-Management, Wechselschichten, Vertretung in abgelegenen Außenbüros). Den meisten Vorgesetzten ist selbst klar, dass viele Aufgaben nicht „kreativ”, „spannend” oder „sinnstiftend‟ sind, sondern Pflichten darstellen, die im Team verteilt und erfüllt werden müssen.

 

Arbeitsverträge oft bewusst vage gehalten
In den Arbeitsverträgen halten viele Medienhäuser die Tätigkeitsbeschreibungen bewusst vage und nach allen Seiten offen. Eine typische verwendete Formulierung für Redakteure: „Der Mitarbeiter wird für alle – auch künftige – Objekte der Gruppe tätig, einschließlich ihrer digitalen Ausgaben. Hierzu zählen auch digitale Kommunikations- und Informationsdienste. Der Verlag behält sich vor, dem Redakteur andere redaktionelle oder journalistische Aufgaben, auch an anderen Orten und bei anderen Objekten zu übertragen, wenn es dem Verlag erforderlich erscheint und für den Redakteur zumutbar ist.‟

 

Individuelle Stellenbeschreibungen gibt es häufig auch nicht. Daher ergeben sich die Aufgaben eher informell aus den Absprachen im Vorstellungsgespräch, den Anweisungen der Vorgesetzten und den Routinen im Unternehmen. Mit etwas Branchenerfahrung weiß man, was einen ungefähr erwartet, wird manchmal aber auch böse überrascht. Das kann bei einer neuen Stelle manchmal schon in der Probezeit der Fall sein, aber auch nach vielen Jahren im Unternehmen, wenn der bisherige Tätigkeitsbereich umstrukturiert wurde. Eine anwaltliche Prüfung des eigenen Arbeitsvertrages kann dann zwar sinnvoll sein, aber zumeist muss man sich erst einmal fügen – schon mangels einer Alternative.

 

Einmal protokollieren, woran Sie arbeiten
Oft ist Berufstätigen gar nicht bewusst, wie viele unterschiedliche Tätigkeiten ihre Stelle umfasst und wie deren prozentuales Verhältnis ist. So recherchiert und schreibt ein Redakteur beispielsweise hauptsächlich. Daneben muss er aber auch seine Beiträge im CMS formatieren, Teaser erstellen, Fotos suchen und beschneiden, Themen in Konferenzen präsentieren, gelegentlich den Newsletter pflegen und den Ressortleiter vertreten. All diese vermeintlichen Nebenarbeiten machen möglicherweise inzwischen bereits die Hälfte seiner Arbeitszeit aus und erklären damit eventuell schon die berufliche Unzufriedenheit.

 

Hier hilft es, einmal einen Monat lang in 15-Minuten-Schritten in einer Tabelle (Excel o.ä.) einzutragen, welche Tätigkeiten Sie ausüben und wie lang jeweils. So können Sie die Zeiten leicht addieren und ihr Verhältnis vergleichen. Das hilft, das eigene Gefühl („Ich komme nie zu meinem eigentlichen Job‟, „Ständig werde ich abgelenkt‟) mit den Fakten abzugleichen. Zudem schaffen Sie sich damit eine Entscheidungsgrundlage: Üben Sie die Arbeit aus, die Sie sich wünschen? Zu einem gewissen Grad muss jeder auch erledigen, was er sich selbst nicht aussuchen würde. Entscheidend ist, ob der Anteil akzeptabel ist.

 

Respektvoll mit der eigenen Zeit umgehen
Empfinden Sie die zugewiesenen Aufgaben als unter Ihrer Würde, hilft die Überlegung, warum: Fühlen Sie sich zurückgesetzt und gekränkt, ärgert es Sie, dass man Ihr Potenzial nicht erkennt? Möglicherweise haben Sie vor allem den Eindruck, Ihre Lebenszeit und Ihre Fähigkeiten anderswo besser einsetzen zu können. Beispiel: Sie sind von der Fach- zur Führungskraft aufgestiegen, dürfen aber kaum etwas entscheiden, sondern werden weiterhin vor allem im Tagesgeschäft eingesetzt. Diese ungünstige Aufgabenzuteilung hindert Sie direkt an Ihrer beruflichen und persönlichen Weiterentwicklung.

 

Gelegentlich stellen Medienprofis auch fest, dass ihre – nicht völlig uninteressante – Arbeit sie davon abhält, sich inhaltlich mit etwas zu beschäftigen, das sie noch mehr interessieren würde und das zudem zukunftsträchtiger wäre. Beispiel: Sie arbeiten in einer klassischen Redaktion mit Print-Fokus, recherchieren und schreiben auch gern. Gleichzeitig befürchten Sie, dass sie die technologische Entwicklung der Branche (z. B. Web, Daten, KI) verpassen und langfristig ins Abseits geraten. Hier braucht es Prioritäten, konkret den Willen, zugunsten eines wichtigeren Zieles etwas anderes aufzugeben.

 

Weiterbildungen allein sind noch kein Ausweg
Weiterbildungen sind in dieser Situation ein beliebter Schritt, um sich vom Frust abzulenken. Zudem vermitteln sie Hoffnung, dass sich bald etwas ändern werde, nachdem man nun aktiv geworden ist (sich z. B. für einen Kurs angemeldet hat). Für sich allein ändert das aber Ihren Arbeitsalltag noch nicht. Der Abschluss sollte daher Anlass sein, mit dem Vorgesetzten zeitnah ein neues Aufgabenfeld zu besprechen. Ändert sich nach 6-9 Monaten nichts, bleibt nur der Wechsel in ein anderes Team oder zu einem neuen Arbeitgeber. Alternativ: Der Wechsel auf Teilzeit mit einer nebenberuflichen Selbstständigkeit, die Sie interessiert.

 

Immer wieder muss man sich bei all dem – gerade in frustrierenden Momenten und nach enttäuschenden Gesprächen – daran erinnern, dass man seinen aktuellen Job freiwillig erledigt. Häufig gibt es in größeren Unternehmen echte Verhandlungsspielräume, lassen sich mit dem Vorgesetzten und eventuell der Personalabteilung passendere neue Aufgaben finden. Ist das nicht möglich, dann ist es Zeit zu handeln: Entscheiden Sie sich, woran Sie zukünftig arbeiten möchten, was Sie also so interessant finden, dass Sie sich jeden Tag damit beschäftigen wollen – und suchen oder schaffen Sie sich diese Chance.

 

Zur vergangenen Kolumne: So gelingt die Karriere in jeder Lebensphase 

 

Zum Autor: Attila Albert (geb. 1972) begleitet Medienprofis bei beruflichen Veränderungen. Er hat mehr als 25 Jahre journalistisch gearbeitet, u.a. bei der Freien Presse, bei Axel Springer und Ringier. Begleitend studierte er BWL, Webentwicklung und absolvierte eine Coaching-Ausbildung in den USA.

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